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[h4] Der '''cognitor''' war im Römisches Recht|römischen Prozessrecht, insbesondere im Klassik (Jurisprudenz)|klassischen Formularprozess, der Prozessvertreter eines Gläubigers oder Schuldners nach Partei (Recht)|Subjektwechsel.
Da Rechtseinrichtungen, die dem heutigen Privatrecht|Zivilrecht selbstverständlich geläufig sind, dem römischen Recht aber unzugänglich waren, nämlich die Abtretung (Deutschland)|Forderungsabtretung (Zession) (auf Gläubigerseite) und ebenso die Schuldübernahme (auf Schuldnerseite), musste zum Zweck des Austausches einer Prozesspartei ein ''cognitor'' (gelegentlich auch ein ''procurator in rem suam'' als Verwalter) eingesetzt werden, um das wirtschaftliche Bedürfnis, einen Parteienwechsel herbeizuführen, befriedigen zu können. Als Hintergrund für das Fehlen der beiden vertraglichen Übertragungsgeschäfte in der Rechtsordnung wird vermutet, dass die Römer jedes Recht als an seinen Träger gebunden erachteten und – zumindest in der Einzelrechtsnachfolge unter Lebenden – den Übergang auf ein anderes Rechtssubjekt|Subjekt als unmöglich ansahen, vermutlich genährt aus dem Altrömisches Recht|traditionellen Gedanken der Manus iniectio|Personalhaftung.Max Kaser: ''Das Römische Privatrecht. Erster Abschnitt. Das altrömische, das vorklassische und klassische Recht.'' C. H. Beck Verlag, [url=viewtopic.php?t=11278]München[/url] 1955 ''(Handbuch der Altertumswissenschaft#X. Rechtsgeschichte des Altertums|Zehnte Abteilung, Dritter Teil, Dritter Band, Erster Abschnitt)'' § 153, S. 545–548.
Um die Wirkung einer Abtretung oder einer Schuldübernahme herbeizuführen, wurde deshalb Delegatio|aktivdelegiert, nicht jedoch über eine Novation (Wechsel der Rechtsinhaberschaft) des zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts, die den Untergang der alten Obligation und die Begründung der neuen, aber gleichlautenden, Obligation bewirkt hätte. Anlass für die Umgehung einer Novation war, dass es notwendig gewesen wäre, die jeweilige Gegenpartei um Einwilligung zu bitten, außerdem wären Nebenrechte aus Bürgschaft oder Pfandrecht gegebenenfalls verloren gegangen. Es wurde stattdessen die Rechtsfigur der ''Prozessvertretung'' gewählt, bei der der abtretende Gläubiger (Zedent) denjenigen, dem er das Forderungsrecht zuwenden wollte (Zessionar), zum ''cognitor'' bestellte. Der ''cognitor'' machte die Forderung daraufhin im Ermächtigung (Recht)|eigenen Namen geltend ''(alieno nomine agere)''. Das Klägerbegehren in der Prozessformel ''(intentio)'' wurde dabei auf den Namen des Zedenten geschrieben, der Urteilsbefehl ''(condemnatio)'' auf den Zessionar. Die Vollstreckungsklage aus dem Urteil wiederum wurde auf den Vertretenen zurückgeleitet, sodass dessen Prozessinteresse gewahrt blieb. Zwar bedurfte dieser prozessuale Schritt keiner Mitwirkung der Gegenpartei, Nachteile konnten gleichwohl erwachsen. Zu einen hätte der Zedent das auf ihn als Partei geschriebene Klagebegehr ''(iussum)'' Widerruf (Recht)|widerrufen oder sich anderweitig mit dem Schuldner einigen können, was den Abtretungszweck vereitelt hätte.
Die „Prozessvertretung“ durch den ''cognitor'' wies nach heutigem Verständnis eine Doppelfunktion auf. Einerseits machte der ''cognitor'' ein „fremdes Recht in eigenem Namen“ geltend beziehungsweise verteidigte sich gegen die Behauptung „fremder Schuld“ und ist damit Prozessstandschafter. Andererseits ist er gleichzeitig Prozessvertreter, weil die Vollstreckung des ergangenen Urteils dem Hintermann und gegen den Hintermann ermöglicht wird. Hatte die Prozessführung allein Auswirkung auf den Prozessführer (nicht den Hintermann), lag reine Prozessstandschaft vor.Georg Klingenberg (Jurist)|Georg Klingenberg: ''Formularprozess: Verhandlung „apud iudicem“.'' In: Ulrike Babusiaux, Christian Baldus, Wolfgang Ernst (Rechtswissenschaftler)|Wolfgang Ernst, Franz-Stefan Meissel, Johannes Platschek, Thomas Rüfner (Hrsg.): ''Handbuch des Römischen Privatrechts. Band 1 §§ 1–58.'' Mohr Siebeck, Tübingen 2023, ISBN 978-3-16-152359-5, S. 398–407, besonders 398 und 399–404.
== Anmerkungen ==
Kategorie:Römisches Recht
Kategorie:Prozessrechtsgeschichte [/h4]
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